Headrush Prime - Test & Erfahrungsbericht
Gelungenes Upgrade des Headrush Pedalboards
Mit Headrush Prime hat der Effektgerätehersteller Headrush im März 2023 sein neuestes Flaggschiff auf den Markt gebracht. Das aktuell rund 1200 Euro kostende Multieffektboard bleibt dem Konzept seiner Vorgänger treu und kann mit einer ganzen Reihe interessanter Neuerungen aufwarten, die vor allem Gitarristen erfreuen dürften, die zusätzlich auch für den Gesang zuständig sind. Im heutigen Erfahrungsbericht schauen wir uns das Prime einmal genauer an und sagen dir, ob sich das Upgrade für dich lohnt.
Funktionsumfang und technische Daten
Wie das von uns bereits angeteste Headrush Pedalboard präsentiert sich das Prime in einem schicken schwarzen Stahlgehäuse. Mit seinen Maßen von 63 x 31 x 10 cm ist es etwas größer als das Headrush Pedalboard und mit einem Gewicht von über 7 Kilogramm ähnlich schwer.
Wie gehabt hat auch das Prime ganze zwölf Fußschalter und ein Expression-Pedal. Das Touchscreen-Display ist wieder sieben Zoll groß, was deutlich größer ist als die Displays vieler Mitbewerber. Jeder der frei belegbaren Fußschalter hat beim Prime ein eigenes kleines Display als Beschriftung und einen farbigen Leuchtstreifen, an dem du erkennen kannst, welche Art von Effekt auf den Taster gelegt wurde.
Unter der Haube werkelt beim Prime ein leistungsstarker Multicore-Prozessor, auf dem eine Engine läuft, die ihre Wurzeln im aus Pro Tools bekannten Eleven-Racks hat und so wenig überraschend hervorragenden Sound produziert.
Neben seinen Effekten und Amps bietet das Headrush Prime zusätzlich einen ordentlichen Looper. Wie vom Pedalboard gewohnt hat dieser eine Aufnahmekapazität von 20 Minuten, womit du für die meisten Situationen gewappnet sein solltest. Der Looper, der als in die virtuelle Signalkette eingliederbares Modul umgesetzt ist, kann dein Spiel in der Geschwindigkeit abändern und umkehren.
Zusätzlich zu all diesen aus dem Pedalboard bereits bekannten Features bietet das Prime auch einen Trainingsmodus. In diesem kannst du einen Song, den du üben möchtest, auf das Gerät übertragen und dann drüberspielen. Dabei ermöglicht das Prime, eine Stelle des Songs auszuwählen und diese dann in einer anderen Geschwindigkeit wiederzugeben. So musst du nicht immer umständlich hin- und herspulen und kannst Parts zu Anfang langsam üben und dich nach und nach auf die Originalgeschwindigkeit hinarbeiten.
Auch neu: Das Headrush Prime lässt sich nicht nur mit bereits existierenden Impulse-Response-Dateien (IR) bespielen, sondern kann auch direkt selbst ein Sound-Profil eines externen Verstärkers oder Effektpedals abgreifen. Das funktioniert bei dem Gerät auch für Laien erstaunlich gut, da das Prime dich mit einer nützlichen Anleitung (mit Diagrammen!) unterstützt, wo du was anschließen musst. Das Multieffektgerät schickt dann diverse Sounds zu dem externen Amp oder Pedal und analysiert das Audiosignal, das zurückgeschickt wird. Aus der Analyse wird ein Profil erstellt, das du wie jedes andere virtuelle Gerät einfach in die Signalkette integrieren kannst.
Bist du nicht nur Gitarrist sondern auch Sänger, dann wird es dich eventuell freuen zu hören, dass Headrush seinem Prime nicht nur einen kombinierten XLR-Klinke-Mikrofonanschluss spendiert hat, sondern auch Antares Auto-Tune integriert. Falls dir das nichts sagt: Auto-Tune ist eine Software, die oft in professionellen Tonstudios für die Korrektur der Tonhöhe verwendet wird.
Anschlüsse und Erweiterbarkeit
Verglichen mit dem Headrush Pedalboard hat das Prime nur wenig neues bei den Anschlüssen zu bieten. Das ist aber auch kein Problem, denn das Pedalboard war hier bereits sehr gut aufgestellt. So gibt es neben einem Instrumenteneingang beim Prime einen Aux-Anschluss (kleine Klinke) sowie einen Mikrofoneingang. Der Mikrofoneingang ist dabei eine Kombination aus XLR-Anschluss und 6,35-mm-Klinke, dessen Eingangsvolume sich praktischerweise über einen kleinen Drehregler direkt neben dem Anschluss einstellen lässt. Zwei große Klinkenanschlüsse sind außerdem für das Verbinden externer Expression-Pedale vorgesehen.
Bei den Ausgängen wartet das Prime mit einem Stereo-XLR-Ausgang auf, der Anschlüsse für links (mono) und rechts hat und den du je nach Bedarf zwischen Ground und Lift umschalten kannst. Anders als beim Pedalboard gibt es dafür aber keinen physischen Schalter mehr, was ebenfalls für den Wechsel zwischen Amp/Line beim Stereo-Ausgang (2x große Klinke) gilt.
Und noch ein Schalter wurde eingespart, nämlich der für den Wechsel zwischen Rack und Stomp beim Stereo-FX-Loop (4x große Klinke). Den Kopfhörerausgang hat Headrush beim Prime zwar behalten, hierbei handelt es sich nun aber um eine kleine statt einer großen Klinke.
Zusätzlich zu den herkömmlichen Ein- und Ausgängen ist auch wieder ein MIDI-Ein- und ein MIDI-Ausgang mit dabei. Neu bei den Anschlüssen ist ein USB-A-Anschluss neben dem schon beim Pedalboard vorhandenen USB-B-Anschluss. Über die USB-Anschlüsse kannst du Dateien mit deinem PC austauschen, MIDI-Controller anschließen oder das Gerät als USB-Audiointerface verwenden.
Wie beim Vorgänger ist das Netzteil im Gehäuse integriert. Der Stromanschluss erfolgt daher über einen herkömmlichen dreipoligen Kaltgerätestecker. Ein Ein-Aus-Knopf ist zum Glück auch wieder vorhanden.
Zusammengefasst gibt es beim Headrush Prime folgende Anschlüsse:
Instrumenteneingang (6,35 mm Klinke)
Aux-Eingang (3,5 mm Klinke)
Pedalanschlüsse (2x 6,35 mm Klinke)
XLR-Stereoausgang (links/mono + rechts)
Stereoausgang (2x 6,35 mm Klinke, links/mono + rechts)
Kopfhörerausgang (3,5 mm Klinke)
2x Send- und 2x Return-Anschluss (Stereo-FX-Loop)
1x MIDI-Eingang
1x MIDI-Ausgang/MIDI-Thru
1x USB-A-Anschluss
1x USB-B-Anschluss
Dreipoliger Kaltgerätestecker für Strom
Diese Anschlüsse dürften unserer Erfahrung nach für fast alle Anforderungen vollkommen ausreichen. Für noch komfortablere Konnektivität beherrscht das Prime übrigens sowohl WLAN als auch Bluetooth. Per WLAN kann sich das Geräte mit der Headrush Cloud verbinden, über die Dateien mit dem Prime ausgetauscht werden können. Die Bluetooth-Funktionalität dient hauptsächlich dem Anschluss einer Audio-Quelle wie eines Handys. Das dürfte wohl besonders Besitzer neuer iPhones interessieren, die ja über keinen physischen Audioausgang mehr verfügen.
Unser Video vom Test
Verstärkersimulationen und Effekte
Das Headrush Prime wird mit 53 Verstärkersimulationen ausgeliefert, also etwa eine Handvoll mehr als beim Vorgänger. Hinzugekommen sind zusätzlich 44 Amp-Modelle von Revalver, das wie Headrush Teil der inMusic Group und für seine realistischen Simulationen bekannt ist.
Neben den Verstärkern gibt es wie gehabt 15 Cabinets und zehn Mikrofone. Wie bei den Amps hat Headrush dem Prime hier aber auch noch Cabinet- und Mikrofon-Simulationen von Revalver hinzugefügt, und zwar mit 67 Cabinets und 31 Mics gleich eine wirklich beachtliche Auswahl.
Da Headrush beim Prime den Fokus neben der Gitarre auch auf den Gesang setzt, gibt es auch sieben Effekte speziell für Vocals. Dazu zählt das bereits erwähnte Auto-Tune, aber auch Dinge wie Distortion oder Doubler.
Metal- und Rockfans können sich beim Prime auf die üblichen Verdächtigen in Sachen Distortion und Overdrive freuen. Neben den in der Kategorie Overdrive verfügbaren 15 Simulationen bietet das Headrush Prime elf in der Kategorie Distortion/Fuzz.
Das Angebot an Effekten wird abgerundet durch zehn Equalizer, sechs Kompressoren, zwölf Delays, sechs Reverbs, sieben Chorus-Sims, zehn Phaser und Flanger, sechs Modulatoren, sieben Wahs, sieben Pitch-Modulatoren, vier Volumenpedale und drei Noisegates.
Eigene Impulse-Response-Dateien können ebenfalls eingebunden werden. Es gibt aber auch 300 mitgelieferte IR-Dateien.
Wie auch schon beim Headrush Pedalboard ist die Signalkette beim Prime unglaublich flexibel einstellbar. Die einzelnen Effektstationen können im Prinzip komplett frei gewählt werden. Und auch parallele Stränge werden unterstützt.
Hier nur eine kleine Auswahl der mitgelieferten Amps und Effekte:
Vox AC-30 (Revalver-Verstärker)
Peavy Classic 30 (Revalver-Verstärker)
Diezel Herbert (Revalver-Verstärker)
Mesa/Boogie Dual Rectifier (Revalver-Verstärker)
Budda ZenMan (Overdrive)
Boss SD-1 (Overdrive)
Boss DS-1 (Distortion)
ProCo Rat (Distortion)
Dunlop FuzzFace (Fuzz/Distortion)
Der Klang des Headrush Prime gefällt uns wie beim Vorgänger sehr gut. Bei unserem Bericht über das Headrush Pedalboard hatten wir angemerkt, dass die Konkurrenz mehr Amps und Effekte bietet. Hier hat Headrush beim Prime geradezu überkompensiert und liefert nun eine unglaubliche Anzahl an zusätzlichen Revalver-Verstärkern und -Cabinets mit.
Dass nun wie bei einigen Mittbewerbern auch das Profiling oder Klonen des Sounds externer Verstärker und Pedale möglich ist, finden wir eine tolle Ergänzung zum ohnehin schon beeindruckenden Angebot an Simulationen des Headrush Prime.
Bedienung
Die Bedienung des Headrush Pedalboards hat uns begeistert. Da ist es gut zu wissen, dass Headrush beim Prime nichts an dieser Formel geändert hat. Das Headrush Prime gehört mit seiner Touchfunktionalität und dem zentralen, großen Farbdisplay zum Besten, was der Multieffektgerätemarkt in Sachen Bedienung zu bieten hat.
Die Bedienoberfläche von Headrush erinnert uns sehr an die gängiger Digital Audio Workstations (DAW). Alles funktioniert intuitiv, sei es das Ändern der Reihenfolge der Effekte, das Umbenennen von Profilen oder die Auswahl von Presets.
Erfreulich ist auch, wie viel sich beim Headrush Prime rein mit den Füßen bedienen lässt. Zwölf Fußschalter und ein zusätzliches Expression-Pedal machen es möglich. Sehr schön und durchdacht ist auch, dass jeder Fußschalter per Display und Farbcode beschriftet ist. So findest du dich im laufenden Betrieb wirklich schnell zurecht.
Eine PC-Software gibt es beim Prime übrigens nicht. Lediglich ein Treiber für das USB-Audiointerface und ein Firmware-Updater sind verfügbar. Dennoch vermissen wir hier nichts, denn die normale Oberfläche des Headrush Prime lässt eigentlich keine Wünsche offen.
Falls du dir vor dem Kauf schon einmal die Dokumentation durchlesen willst, so findest du auf der Website vom Hersteller das Handbuch und einen Quickstart-Guide im PDF-Format zum Herunterladen. Das Handbuch ist etwas ausführlicher als beim Headrush Pedalboard und außerdem recht gut bebildert.
Fazit
Das Headrush Prime ist ein hervorragendes Multieffektgerät, das selbst Profi-Ansprüchen gerecht wird. Im Vergleich zum Vorgänger kann das Prime mit drei wesentlichen Neuerungen glänzen. Erstens gibt es jetzt einen praktischen Trainingsmodus, der dich beim Üben unterstützt. Zweitens hast du nun wie bei anderen Oberklassegeräten die Möglichkeit, selbst Profile von externen Verstärkern und Pedalen abzugreifen. Und nicht zuletzt hat Headrush mit der Einführung der Revalver-Simulationen seine Palette an Verstärkern und Cabinets beachtlich aufgemotzt.
Falls du bereits ein Headrush Pedalboard besitzt, kann sich ein Upgrade lohnen. Der Preis von aktuell (Stand Mai 2023) etwa 1200 Euro ist zwar nicht ohne, aber im Vergleich zu Mitbewerbern vollkommen im Rahmen. Bist du noch kein Headrush-Nutzer und hast ein nicht ganz so üppiges Budget, dann kannst du nach wie vor zum Headrush Pedalboard greifen, falls du das Modell noch findest. Ansonsten würden wir dir lieber zum neuen Headrush Prime raten, das in allen Belangen etwas mehr bietet.
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