Boss GX-100 - Erfahrungsbericht

AIRD-Sound mit Touchbedienung

Im FrĂŒhjahr 2022 hat der japanische Hersteller Roland nach lĂ€ngerer Zeit ein neues GerĂ€t in seiner MultieffektgerĂ€te-Serie unter der Marke Boss veröffentlicht. Das GX-100 ist preislich mit rund 600 Euro zwischen dem GT-1000 und dem GT-100 angesiedelt. Zum ersten Mal hat Boss einem seiner GerĂ€te nun einen Touchscreen verpasst. Wie sehr das die Bedienung vereinfacht und was das MultieffektgerĂ€t sonst noch so kann, erfĂ€hrst du in diesem Erfahrungsbericht.

Funktionsumfang und technische Daten

Das GX-100 prĂ€sentiert sich wie fĂŒr Boss-MultieffektgerĂ€te gewohnt in einem dunklen Floorboard-Design. Das GehĂ€use misst 49 x 19,3 x 7,3 Zentimeter und ist mit 3,5 Kilogramm weder besonders schwer noch leicht. Das GerĂ€t ist mit seinem farbigen LC-Display der erste Vorstoß von Boss in die Welt der MultieffektgerĂ€te mit Touchscreen.

Unter dem Display finden sich aber auch wie gewohnt vier Drehregler, um darĂŒber angezeigte Werte verstellen zu können. Ein Select-Drehregler sowie zwei Buttons zum BlĂ€ttern durch die Bildschirmseiten sind ebenfalls vorhanden, sodass sich Fans der alten Bedienung trotzdem noch wie zu Hause fĂŒhlen dĂŒrften. Daneben gibt es noch sechs weitere kleine Knöpfe, ĂŒber die der Speicher verwaltet und einige Einstellungen direkt aufgerufen werden können.

In Sachen Fußbedienung muss sich das GX-100 nicht verstecken. So gibt es drei Fußtaster in der oberen Reihe und fĂŒnf Fußtaster in der unteren, die alle wie von Boss gewohnt jeweils einen farbigen LED-Streifen haben. Außerdem ist ein stabiles Expression-Pedal integriert, das einen versteckten Zehenschalter hat. FĂŒr die LautstĂ€rkeregelung steht ein weiterer Drehregler bereit.

Neben dem Touchscreen wohl die aufregendste Neuerung: Auf der Oberseite des GehĂ€uses prangt nun statt dem vom GT-100 bekannten COSM-Logo der AIRD-Schriftzug. AIRD steht fĂŒr Augmented Impulse Response Dynamics und ist die aktuelle Iteration der Boss-Soundengine fĂŒr VerstĂ€rkersimulationen. Unter der Haube werkelt das GerĂ€t mit einem DSP, der 32-Bit-Fließkommaberechnungen beherrscht. Die AD/DA-Wandler arbeiten hingegen "nur" mit 24 Bit, nicht mit 32 Bit wie beim Flaggschiff GT-1000. Die Sampling-Frequenz betrĂ€gt beim GX-100 48 kHz.

Außer den eigentlichen Effekten und VerstĂ€rkern ist beim GX-100 auch ein Looper mit dabei. Dieser ist als Effektblock umgesetzt und kann so an beliebiger Stelle in die Effektkette integriert werden. Der Looper nimmt 38 Sekunden in Mono auf und bis zu 19 Sekunden in Stereo. Das ist zwar nicht gerade viel, fĂŒr einen schnellen Einsatz zwischendurch reicht es jedoch allemal.

AnschlĂŒsse und Erweiterbarkeit

Bei den AnschlĂŒssen bietet das GX-100 nur wenig mehr als das Nötigste. So fehlen etwa XLR-AnschlĂŒsse komplett und das GerĂ€t hat auch nur eine FX-Loop mit Send- und Return-Anschluss. Im Vergleich zum GT-1000 musst du beim GX-100 statt mit zwei AnschlĂŒssen fĂŒr externe Pedale mit nur einem vorliebnehmen.

Auf der Eingangsseite bietet dir das GX-100 einen Instrumenteneingang im Format 6,3-mm-Klinke. Einen Aux-Eingang hat Boss seinem GerĂ€t leider nicht spendiert. Auf der Ausgangsseite findet sich am GX-100 ein Stereo-Ausgang (zwei 6,3-mm-Klinken), bei dem wie gewohnt der linke Kanal auch als Mono-Ausgang verwendet werden kann. ZusĂ€tzlich gibt es noch einen Kopfhörerausgang, der ebenfalls in Form einer großen 6,3-mm-Klinke realisiert wurde.

FĂŒr das Einbinden von externen EffektgerĂ€ten in den Signalweg des GX-100 hat das GerĂ€t eine FX-Loop mit einem Send- und einem Return-Anschluss. Die beiden großen Klinken lassen sich per Schalter zwischen Ground und Lift umschalten. Der VerstĂ€rker lĂ€sst sich ĂŒber einen Amp-Control-Anschluss verbinden, um dessen Kanal vom GX-100 aus wechseln zu können. Auch der Anschluss externer Pedale ist beim GX-100 ĂŒber einen entsprechenden Anschluss möglich.

Noch grĂ¶ĂŸere Erweiterungsmöglichkeiten bietet natĂŒrlich die MIDI-FunktionalitĂ€t des GerĂ€ts. Zu diesem Zweck gibt es an der Stirnseite einen MIDI-Eingang und einen MIDI-Ausgang. Daneben existiert noch ein USB-B-Anschluss zum Verbinden des GX-100 mit einem PC oder Mac, auf dem die kostenlose Konfigurationssoftware Boss Tone Studio lĂ€uft. Der USB-Anschluss lĂ€sst sich auch als USB-Audiointerface verwenden.

Bluetooth-fÀhig ist das GX-100 theoretisch auch. Praktisch musst du dir das dazu passende Bluetooth-Modul jedoch separat von Boss kaufen. Der BT Dual Bluetooth Adapter* lÀsst sich an der Stirnseite des GX-100 einstecken.

Zu guter Letzt hat das MultieffektgerĂ€t von Boss noch einen Stromanschluss und eine Vorrichtung fĂŒr Kensington-Schlösser. Die Stromversorgung wird durch einen 9-V-DC-Adapter sichergestellt, der zum GlĂŒck im Lieferumfang enthalten ist. Auch schön: Das GerĂ€t hat einen richtigen Power-Knopf.

Die Anschlussmöglichkeiten noch einmal im Überblick:

VerstÀrkersimulationen und Effekte

Das GX-100 hat 23 VerstĂ€rkersimulationen an Bord. Das mag vielleicht nicht viel klingen, aber Boss hat hier ganz klar auf Klasse statt auf Masse gesetzt. Es können gleich zwei Amps auf einmal in der Effektkette platziert werden. ZusĂ€tzlich zu den AIRD-VerstĂ€rkersimulationen gibt es beim GX-100 stolze 150 Effekte. Überdies ist es möglich, den Sound mittels zusĂ€tzlicher Impulse-Response-Dateien noch weiter zu verfeinern.

Das Besondere daran, wie beim GerÀt die Effektkette umgesetzt ist: Anders als bei vielen anderen MultieffektgerÀten bist du beim GX-100 nicht darin beschrÀnkt, wie viele Effekte der gleichen Art du auf einmal benutzen kannst. Wenn dir der Sinn danach steht, kannst du hier also alle möglichen Reverb- und Delay-Effekte kombinieren und dir so einen ganz eigenen Sound basteln.

Deine Effektkreationen kannst du beim GX-100 auf 200 SpeicherplĂ€tzen ablegen. ZusĂ€tzlich zu den User-SpeicherplĂ€tzen gibt es aber auch 100 weitere Presets, die fĂŒr so gut wie jeden Geschmack einen fertig konfigurierten Sound bereithalten und dich zum sofortigen Losspielen einladen. Die Presets können in den User-Speicherbereich kopiert werden und so als Grundlage fĂŒr einen eigenen Sound dienen.

Im Folgenden geben wir dir eine Übersicht, welche VerstĂ€rker und Effekte beim GX-100 unter anderem mitgeliefert werden:

Insgesamt haben wir am Sound des GX-100 rein gar nichts auszusetzen. Im Gegenteil: Was die AIRD-Engine produziert, klingt hochdynamisch und ist von echten VerstĂ€rkern kaum zu unterscheiden. Es ist eigentlich auch kein Wunder, dass uns der Sound bei dem GerĂ€t ĂŒberzeugt, denn schließlich kommt hier die gleiche Technologie zum Einsatz wie beim Boss-Flaggschiff GT-1000.

Unser Video vom Test

BOSS GX-100 - Meine EHRLICHE Meinung | Test & Review
BOSS GX-100 - Meine EHRLICHE Meinung | Test & Review

Bedienung

"Es geht doch!", möchten wir an dieser Stelle fast rufen. Schließlich haben wir schon oft die altbackene Steuerung von MultieffektgerĂ€ten kritisiert. Boss ist mit dem GX-100 nun auch endlich in der Welt der Touchbedienung angekommen. Und wie es kaum anders zu erwarten war, macht sich das sehr positiv bemerkbar.

Es ist einfach ein gehöriger Unterschied, ob du deine Effektkette per Drag-and-drop zusammenstellen kannst oder dich an Tausenden unterschiedlichen RĂ€dchen und Knöpfen abarbeiten musst, um einem GerĂ€t einen passenden Sound zu entlocken. Und beim GX-100 musst du dich nicht einmal fĂŒr eine Bedienungsart entscheiden. Denn falls dir, warum auch immer, das alte Bedienkonzept mit Drehreglern unter dem Display zusagt, so wirst du dich beim GX-100 ebenfalls wie zu Hause fĂŒhlen.

Auch wenn wir froh sind, endlich ein Boss-GerĂ€t mit Touchscreen zu haben, so mĂŒssen wir Boss doch an einer Stelle bei der Bedienung kritisieren: Die Effektkette wird auf dem Display des GX-100 vollkommen lieblos mit farbigen Sechsecken abgebildet, die oft nichtssagende AbkĂŒrzungen als Text enthalten. Icons suchst du hier vergeblich. Dieser uniforme Look fĂŒhrt dazu, dass die einzelnen Effektblöcke auf den ersten Blick schwer auseinanderzuhalten sind. Gutes UI-Design geht anders, liebe Boss-Entwickler.

Nicht unerwĂ€hnt bleiben soll an dieser Stelle, wie gut uns die Dokumentation von Boss zu dem GX-100 gefĂ€llt. Boss stellt nĂ€mlich nicht nur ein ausfĂŒhrliches Handbuch im PDF-Format bereit. Es gibt zusĂ€tzlich einen praktischen Quickstart-Guide, eine Auflistung aller Parameter, eine separate Online-Bedienungsanleitung fĂŒr die mitgelieferte ToneStudio-App, eine Online-Anleitung fĂŒr den Impulse-Response-Ladevorgang und eine ausfĂŒhrliche Beschreibung der MIDI-FunktionalitĂ€t des GerĂ€ts. Wirklich vorbildlich!

Fazit

Das GX-100 ist dank der AIRD-Technologie ein herausragend klingendes MultieffektgerĂ€t, das fĂŒr einen relativ erschwinglichen Preis den Flaggschiff-Sound von Boss im GepĂ€ck hat. Besonders gut gefĂ€llt uns an dem GerĂ€t, dass es Boss endlich in die Ära der Touchbedienung hievt, was sich in einer deutlich intuitiveren Bedienung niederschlĂ€gt. Abstriche musst du zu dem im Vergleich mit dem GT-1000 halbierten Preis primĂ€r bei den AnschlĂŒssen hinnehmen.

Das GX-100 von Boss ist fĂŒr dich empfehlenswert, wenn du schon lĂ€nger mit dem GT-1000 oder dem GT-1000Core liebĂ€ugelst, dich jedoch der relativ hohe Preis oder die altbackene Bedienung abgeschreckt hat. Im Grunde bekommst du beim GX-100 fast alles, was auch das GT-1000Core bietet, bezahlst dafĂŒr aber rund 100 Euro weniger und wirst noch mit einem Touchscreen belohnt.

Alternativ zum GX-100 kannst du dir auch weiterhin das GT-100 angucken, falls es nicht der neueste Sound sein muss. Und fĂŒr nur wenig mehr Geld gibt es, wie zuvor erwĂ€hnt, das GT-1000Core. GerĂ€te von anderen Herstellern, die Ähnliches bieten, wĂ€ren z. B. das Line 6 HX Stomp, das Headrush MX-5 oder das Mooer GE 300. Mit dem GX-100 kannst du unserer Meinung nach aber nicht viel falsch machen.


Weitere Erfahrungsberichte

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